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Mut hat er, der Herr Wiesemann von den Grünen. Aufgrund der Berichterstattung in der Zeitung Die Rheinpfalz sprach der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat von Kaiserslautern eine Einladung zu einer Diskussion über die möglichen Windräder am Gersweilerkopf und die Umweltpolitik im Allgemeinen aus (Details hier und hier). Über 20 interessierte Bürger kamen zum Ortstermin im Gersweilerhof. Nach einer freundlichen Begrüßung kam es zum ersten verbalen Schlagabtausch. Eine Bewohnerin von Kollweiler, die extra für den Termin angereist war, berichtete über ihre Erfahrungen mit den Windrädern. Die von den Erlenbachern geforderten „1.000 Meter Mindestabstand sind zu wenig“ erklärte sie. Sie berichte, dass ihr Haus nun von 17 Windrädern umringt sei und dass sie an manchen Tagen das Gefühl habe davon verrückt zu werden. Sie fühle sich wie von einer riesengroßen Krake bedroht, die sich über sie stürzt. Dieses Gefühl des Bedrohtseins durch die 200m hohen Windräder konnten einige Anwohner des Gersweilerhofes bestätigen. Mit dieser Bedrohung einhergehend berichteten Anwohner über Schlafstörungen und Gesundheitsstörungen. Diese Symptome deckten sich mit denen der Frau. Die Stimmung begann sich emotional aufzuheizen und Herr Wiesemann wurde zusehends unruhig und drängte auf die Ortsbesichtigung, die einige Meter weiter auf einem Feldweg am Gersweilerhof stattfinden sollte.

Die Situation wurde am Ortsrand mit Blick auf den Gersweilerkopf und die Windräder auf dem ZAK-Gelände diskutiert. Herr Wiesemann berichtete von seinen zahlreichen Gesprächen der letzten Tage. So habe die SWK gesagt, dass sie dort nicht bauen werde, weil die Erschließung zu aufwändig sei. Maximal zwei Windräder seien möglich. Die möglichen Standorte wurden auf Karten diskutiert. Hierbei wurde von den Anwohnern mehrfach darauf hingewiesen, dass die Grenze zum Landkreis nahe sei und ein Windpark durch den Bau von Windrädern auf Mehlinger Gemarkung entstehen könnte.

Zwei Anwohner vom Gersweilerhof schilderten ihre Erfahrungen mit den ZAK-Windrädern. Es wurde von massiven Schlafstörungen durch Infraschall berichtet und von akustischen Beeinträchtigungen, also Lärmbelästigung bei Ostwind . Die Räder stehen in circa 1.200 Metern Entfernung zur Wohnbebauung. Die möglichen zukünftigen Räder auf dem Gersweilerkopf stünden nicht nur mit 800 Metern sehr nahe, sondern auch gegenüber der Siedlung erhöht, so dass die bedrängende Wirkung noch verstärkt würde. Ganz klar zum Ausdruck brachten die Teilnehmer die Befürchtung, dass durch den technischen Fortschritt die Windräder noch größer werden – aktuell werden am Starnberger See Windräder mit 206 Meter Gesamthöhe errichtet. Gegenüber der letzten Generation ein Zuwachs um 6 Meter.

Bis zu diesem Teil begleitete die Lokalredaktion der Rheinpfalz den Termin. Ab 19:30 Uhr wurde im Rathaus von Kaiserslautern-Erlenbach die Diskussion fortgesetzt, es kamen weitere Interessierte. Der Saal war mit mehr als 30 Personen gut gefüllt. Herr Wiesemann zeigte Folien, auf denen seine Standpunkte und die Linie der Grünen dargestellt wurden. Der erste Abschnitt beleuchtete die Alternativen und deren Nachteile bezogen auf Umwelt und den Menschen. Braunkohletagebau und Uranabbau zerstören auch Landschaften und vor allem Kohle schädige die Menschen durch Abgase, die mit Quecksilber durchsetzt sind.

Dann wurde auf die Planungen in Kaiserslautern eingegangen. Klare Aussagen von Wiesemann:

Eine heftige Diskussion entstand, als die Planungen an der A6 besprochen wurden. Anwohner des Eselbachtales klagten über die bereits hohen Belastungen und zeigten kein Verständnis für die Argumentation, dass man auf ein vorbelastetes Gebiet noch mehr Last geben kann. Vor allem bestehe eine Bedrohung durch einen 40 Jahre alten Teich mit giftigem Klärschlamm, der nur durch eine Folie gesichert sei. Bei Bau und Betrieb könne es zu Rissen in der Abdichtung kommen und Giftstoffe in den Boden sickern. Herr Wiesemann bestätigte, dass er von den Anwohnern im Frühjahr ein Schreiben dazu erhalten habe, diesem aber wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe. Nun wolle er sich des Themas annehmen.

Energisch wurde Harry Wunschel, CDU-Ratsmitglied, als es um die Beschlüsse in Stadtrat und Bauausschuss zum Flächennutzungsplan 2025 ging. Herr Wiesemann behauptete, die CDU habe den Antrag auf 1.000 Meter Mindestabstand zur Wohnbebauung freiwillig zurückgezogen. Dem widersprachen mehrere Erlenbacher, die bei der Ausschusssitzung anwesend waren. Herr Schermer von der SPD habe im April einen weitergehenden Antrag gestellt und damit den Antrag der CDU aus seiner Sicht überflüssig gemacht. Die IG wartet noch auf ein Schreiben von Oberbürgermeister Weichel, der die Vorgänge in der Bauausschusssitzung aufklären wollte. Herr Wunschel machte deutlich, dass die CDU an ihrer Forderung festhalte und den Antrag erneut einbringen werde. Die Logik der Anträge interpretierte Martin Verlage: Zuerst sei die Fläche an der A6 wegen der Bedenken um den Status des Biosphärenreservats aus dem Entwurf des Flächennutzungsplans heraus genommen, als dann die Entwicklung weiter ging, wollte die Koalition im Stadtrat durch das Herausnehmen der Flächen am Gersweilerkopf den Bau von Windrädern an der A6 wieder ermöglichen, da der §35 des Baugesetzbuches hier eine Hintertür schaffen. Herr Wiesemann verteidigte diese Vorgehensweise, die Bürger machten klar, dass diese Art von Politik kein Vertrauen wachsen lasse.

Einig waren sich alle Anwesenden, dass Atomkraft und Kohleenergie keine Lösungsmöglichkeiten seien. Der deutsche Weg der Energiewende sei aber schwierig zu regeln. Angst haben die Menschen vor den Folgen einer maßlosen Ausweitung der Windkraft.

Herr Wiesemann zeigte eine Karte der möglichen Erschließung des Gersweilerkopfes von Otterberg aus. Die Prüfung sei von der SWK erfolgt mit dem Ergebnis, dass dort nur 2-3 Windräder gebaut werden könnten und die Infrastruktur zu teuer sei. Die SWK habe versichert, dass am Gersweilerkopf nicht gebaut werde.

Kontrovers wurden die akustischen Beeinträchtigungen durch Windkraftanlagen diskutiert. Eine junge Verteidigerin der Windkraft, die sich Sorgen um die Zukunft ihres Kindes machte, sprach davon, dass es wohl ein Generationenproblem sei und der „Sound von WKAs“ einem Meeresrauschen ähnelt. Hierzu gab es heftige Widersprüche von vielen Teilnehmern. Die ZAK-Windräder seien bei Ostwind deutlich zu hören, würden als störend empfunden und der rhythmische Schall sei eine mögliche Erklärung für Schlaflosigkeit. Herr Wiesemann bestätigte, dass Analysen zeigen, dass wohl 20% der Anwohner sensibel auf solche Emissionen reagieren.

Eine kritische Frage bezog sich auf die Geldströme bei der Energiewende, ob nicht alles eine Umverteilung von „unten“ nach „oben“ sei. Herr Wiesemann verwies auf sein Engagement bei der Photovoltaik und dass die Erlöse lokal in den Wirtschaftskreislauf fließen. Das ist aber nur der Fall, wenn der Investor auch lokal ansässig ist. Der Kaufpreis der Anlagen sei allemal aus dem lokalen Kreislauf verschwunden.

Wiederholt stellte Herr Wiesemann die Notwendigkeit einer Grundlastfähigkeit der Erneuerbaren Energien in Frage. Es sei ein Steuerungsthema und die Technologieentwicklung von Stromspeichern werde schnell voran schreiten, wenn der Markt dafür vorhanden wäre. Zurzeit wäre es unrentabel, solche Speicher zu bauen.(durch Verknappung entstehen würde)

Die Argumentation der Grünen wurde stark in Zweifel gezogen. Anfang September 2015 wurde von Frau Lemke in Mainz eine Studie zum Kohleausstieg vorgestellt. Der Ausstieg sei bis zum Jahr 2040 machbar. In der Studie seien aber erhebliche Fehler und Mängel vorhanden, so dass die Grundlage für eine Entscheidung fehle. Diese Art der Politik zerstöre das Vertrauen der Wähler. Herr Wiesemann ging auf Abstand zur Landesebene der Grünen, er teile nicht alle Ansichten und heiße nicht alles gut, was in Mainz getan werde.

Es wurden viele Felder gestreift. Das Recycling der Rotorblätter warte auf den Bedarf. Die Stromkosten werden steigen, Herr Wiesemann hielt eine Verdopplung aufgrund des Vorgehens der Grünen für möglich. Der Stromverbrauch müsse insgesamt sinken.

Die Diskussion war engagiert und es lag in der Natur der Sache, dass es keinen gemeinsamen Standpunkt gebe. Trotzdem empfanden beide Seiten das Gespräch als hilfreich und anregend. Herrn Wiesemann gehört Respekt, sich dieser Diskussion zu stellen und sein Engagement zu vertreten.

Nach mehr als 3 Stunden endete der Termin.